„DAS können auch die schlauesten Asiaten nicht kopieren!“

Datum: 27.08.2012

Die Rede ist von der Identität eines Unternehmens, Corporate Identity oder auch Unternehmensethos im Fachjargon. Wobei es genau genommen keine Unternehmensidentität gibt, sondern eher eine Gesamtheit vorhandener unternehmensbezogener Werte, Einstellungen Haltungen und Verhaltensweisen der MitarbeiterInnen eines Unternehmens. Damit ist bereits klar, dass jedes Unternehmen eine wie auch immer geartete Identität besitzt. Die Frage ist, ob es eine förderliche oder hindernde Identität ist. Und ob die Identität bildenden Faktoren mehrheitlich so gleichgerichtet oder gar kongruent sind, dass überhaupt eine Identität erkennbar ist oder aber diese Einstellungen, Werte, Haltungen und Verhaltensweisen der Mitarbeiter so divergent sind, dass eher eine Gemengelage sich neutralisierender bzw. gegenläufiger Werte vorliegt, so dass nicht mehr von einer erkennbaren Identität gesprochen werden kann.

Betrachtet man den Zweck jedes wirtschaftlich intendiertem Unternehmens (also keine Non- profit-Organisationen), stellt sich natürlich zu aller erst die Kardinalsfrage: Braucht ein Unter- nehmen überhaupt eine Identität? Bringt eine (unterstellt gewollt förderliche) Identität etwas, letztlich natürlich mehr Gewinn/Ertrag, denn das ist die Existenzgrundlage jeden Unternehmens? Würde eine hindernde oder nicht erkennbare Identität schaden?

So realwirtschaftlich diese Fragen sind, so realitätsbezogen und pragmatisch können und müssen sie auch beantwortet werden. Denn es geht nicht um „Nice-to-have“, sondern um das Geschäft, um die Basis, das Fundament eines jeden Unternehmens – um „must-have“. Und da geht es nicht um makroökonomische Abstraktionen oder akademische Theorien.

Also reden wir konkret über das Geschäft. Da gehört Wachstum heute zu den zentralsten Markt- und Entwicklungszielen von Unternehmen. Denn man geht davon aus, dass Wachstum die Unternehmensposition stärkt und viele Vorteile mit sich bringt, wie z.B. mehr Marktmacht, mehr Umsatz, bessere Kostenpositionen, höheren Unternehmenswert. Nur Wachstum um des Wachstums Willen ist aber auch nicht zielführend, Denn, das einzige wovon Unternehmen schlussendlich zehren, ist – wie schon erwähnt – der Gewinn. Also geht es letztendlich immer um gesundes Wachstum, insbesondere um Wachstum beim Gewinn (sog. profitable growth). Damit stellt sich als entscheidende Frage: Wie kann der Gewinn auf Dauer gesichert und möglichst auch gesteigert werden?

Rechnerisch ergibt sich der Gewinn als Differenz zwischen Erträgen und Aufwendungen, im operativen Geschäft also zwischen Umsatz und Kosten. Der Umsatz wiederum ist die Abverkaufsmenge multipliziert mit dem erzielten Verkaufspreis pro Stück. Es gibt also drei unmittelbare, zentrale Gewinnschrauben: Abverkaufsmenge, Stückpreis und Kosten. Wie kann man nun darüber nachhaltig Wachstum mit Gewinn erzielen?

Schauen wir uns zunächst die Kosten an. Dabei handelt es sich um ein Managementfeld, das schon seit Jahrzehnten und immer wieder von neuem beackert wird. Personalanpassungen, Produktionsverlagerungen ins Ausland, Kostensenkungsprogramme, konsequenteres Assetmanagement – sind einige kennzeichnende Maßnahmen dieser Bemühungen. Doch wirklich große Effekte, kontinuierliche Gewinnsprünge sind hier in der Regel oft nicht mehr zu erzielen, zu sehr ist hier bereits optimiert und irgendwann ist jede Zitrone leergepresst.

Kommen wir zum Preis. Preissteigerungen führen zu höheren Gewinneffekten als Kostensenkungen [Harvard Business Manager: Huckemann, M., Dinges, A.: Euro-Preis Marketing, S. 22, Berlin 1998], insofern wäre es zielführend, höhere Preise am Markt zu erzielen. Hinderlich ist hier jedoch der Wettbewerb sowie nachfrageseitige Reaktanzen – sofern der Konsument Wahlalternativen hat (das Glück regulierter Märkte sowie mono- und oligopolistischer Strukturen wie im Bereich der Mineralölkonzerne haben ja nicht alle Unternehmen). Insofern sind höhere Preise ohne mehr Leistung üblicherweise nicht durchsetzbar. Mehrleistung kann in einer starken, attraktiven Marke stecken (z.B. Apple, Audi, Rolex), aber natürlich auch in Innovationen. Produktneuheiten erlauben bei Markteinführung und noch einige Zeit danach im Markt höhere Abverkaufspreise bis dann durch weitere Anbieter (sog. Follower) mehr Wettbewerb entsteht und die Preise beginnen, zu verfallen. Allerdings ist das mit hohem Risiko verbunden und es kostet viel Geld und Ressourcen, immer wieder Innovationen zu entwickeln. Zudem sind sie meist nur kurz von Bestand, weil sie gerade durch asiatische Unternehmen heute binnen kürzester Zeit kopiert und nachgeahmt und dann zu erheblich günstigeren Preisen vermarktet werden und die Gewinnmargen zum Einbrechen bringen.

Bleibt die Abverkaufsmenge. Stückkosten vorausgesetzt, die kleiner sind als der Stückerlös, führt eine Steigerung der verkauften Menge zu einem Gewinnwachstum. Nur ist es selten machbar, einfach so ‘mal mehr zu verkaufen. Bei den meisten etablierten Märkten handelt es sich ja um gesättigte Märkte mit Verdrängungswettbewerb. Mehr zu verkaufen geht da nur, wenn man anderen Anbietern Kunden und Nachfrage wegnimmt. Mit aggressiver Niedrigpreispolitik wäre dies möglich, aber natürlich geht das zu Lasten der Gewinnspanne, wäre im Sinne von Gewinn- wachstum also kontraproduktiv. Mehrabsatz wäre auch über eine überlegene Produktqualität zu bewerkstelligen – was aber ebenfalls gewinnfeindliche, höhere Kosten und wesentliche Investi- tionen in qualitätssichernde Maßnahmen bedeuten dürfte. Auch Technologie-/ Innovations- führerschaft wäre noch eine Option, mit der Konsequenz kontinuierlich intensive F&E-Aufwen- dungen tätigen zu müssen, was wieder einem Gewinnwachstum entgegenwirkt. Oft ist es sogar so, dass die für neue Produkte zunächst erzielbaren höheren Preise (im begrenzten Zeitfenster bis zu den ersten Nachahmern) die Vorlaufinvestitionen überhaupt nicht mehr herein verdienen können. Zudem ist es alles andere als einfach, mit steter Regelmäßigkeit Innovationen zu kreieren und erfolgreich als erster in den Markt zu bringen.

Kosten ausgereizt, höhere Preise ganz schwierig durchsetzbar, gesättigte Märkte verhindern Mehrabsatz. Was also bleibt?
Es gibt einen Faktor, der zwar nicht explizit in der Gewinnformel steht, aber zum ganz entscheidenden Hebel für Wachstum und Gewinn durch zielführende Identität werden kann: die Mitarbeiter eines Unternehmens. Ihre Qualität zum Einen und ihre Motiviertheit zum Anderen können zunehmend zum entscheidenden Wettbewerbsunterschied und Gewinngaranten werden. Unternehmen sind also gut beraten, wenn sie sich gezielt um eine hochstehende Unternehmenskultur kümmern und verstärkt aktiv für eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit, -loyalität und -qualität sorgen.

Besonders gut sieht es dabei in deutschen Unternehmen aber noch nicht aus. Das stellen diverse Studien fest. So konstatiert z.B. die Gallup-Studie Ende 2011 [http://eu.gallup.com/Berlin/153299/Praesentation-Gallup-Engagement-Index-2011.aspx] repräsentativ für deutsche Arbeitnehmer, dass 24% gar keine und 63% der MitarbeiterInnen nur eine geringe positive emotionale Bindung zu Ihrem Arbeitgeber aufweisen. Die Folgen sind signifikant höhere Fehlzeiten, geringere Arbeitsmotivation, mehr Fluktuation, sowie deutlich weniger Qualitäts- und Verbesserungsbereitschaft. Bereits Schuster [Frederick E. Schuster, The Connection between People and Profit, 1986] stellte empirisch fest, dass Unternehmen mit einer hohen Mitarbeiterzufriedenheit eine um 11% höhere Eigenkapitalrendite aufweisen, als andere Unternehmen.

Für eine gute Unternehmenskultur zu sorgen, die hohe Mitarbeiterzufriedenheit und -loyalität erzeugt und verborgene Potenziale der Belegschaft aktiviert, lohnt sich also enorm. Was aber ist dazu erforderlich, was wollen und erwarten MitarbeiterInnen?

Es ist beileibe nicht eine überdurchschnittliche Bezahlung! MitarbeiterInnen wollen insbesondere Ihr Selbst und Ihre Fähigkeiten einbringen, Ihre Werte respektiert sehen, einen Sinn in Ihrer Arbeit erkennen und wissen, für welche Ziele sie sich einbringen (sollen). Sie wollen also Orientierung, die sie durch die Führungskräfte bekommen müssten (die Realität ist aber, dass von den Führungskräften nicht einmal 33% die Ziele des Unternehmens kennen [Die Zeit, 8.2.2012: Stepstone-Studie: Nicht einmal jede zweite Führungskraft (44%) kennt die Unternehmensziele, 33% der Führungskräfte sind sie gar nicht bewusst; http://www.zeit.de/karriere/beruf/2012-02/umfrage-firmenziel-fuehrungskraefte]).
Darüber hinaus wollen MitarbeiterInnen für Leistung auch Rückmeldung in Form von Anerkennung/Lob erhalten und fair geführt werden. Die meisten MitarbeiterInnen, die bis hin zur inneren Kündigung unzufrieden mit ihrem Unternehmen sind und deshalb lieber heute als morgen den Arbeitgeber wechseln würden, nennen dafür das Verhalten ihr unmittelbaren Führungskraft als Grund [Wilson Learning Worldwide Studie: der einflussreichste Faktor um eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit zu erreichen ist die Führungskompetenz des Vorgesetzten. 56 – 83% der Mitarbeiterzufriedenheit hängt von der direkten Führungskraft ab (http://wilsonlearning.com/images/uploads/pdf/employee_satisfaction_en.pdf)
Dagegen denken nur 4 % der emotional hochgebundenen Mitarbeiter darüber nach, ihr derzeitiges Unternehmen wegen ihres direkten Vorgesetzten zu verlassen [http://eu.gallup.com/Berlin/146030/Praesentation-zum-Gallup-EEI-
2010.aspx].

Wir haben also zu viele Führungskräfte in den Unternehmen, die der Aufgabe Führung nicht ausreichend gewachsen sind. Allzu sehr verwundert das nicht, da immer noch überwiegend fachlich-sachlich gute Arbeitsleistung und Spezialisten-Knowhow die Gründe für Beförderung sind, denn soziale und emotionale Intelligenz und gute Führungseigenschaften. Zudem reicht in den meisten Firmen den Führungskräften die Zeit nicht, um ihre MitarbeiterInnen hinreichend zu führen. Sie haben in erster Linie weiterhin Sachaufgaben zu erledigen, Führung läuft so mit. Statt, wie erforderlich, etwa 75-80% Zeit mit Personalführung zu verbringen, sind es üblicherweise nur max. 20 -25% [http://www.business-wissen.de/mitarbeiterfuehrung/besondere-fuehrungsaufgabe- das-fuehren-von-fuehrungskraeften/]. Laut einer Vertriebsstudie der KP2 GmbH von 2011 verbringen 82% der Führungskräfte maximal 5% ihrer Zeit mit Führungsaufgaben, mehr als ein Viertel (26%) wendet dafür überhaupt keine Zeit auf [http://www.key2performance.com/solution- center/wissensportal/sc-detail/sc-detail/kp2-umfrage-unter-knapp-400-deutschen-vertriebsleitern- zum-thema-coaching-ergebnis-bestaetigt-die-a.html]! Dabei ist seit der IOWA-Studie erwiesen, dass MitarbeiterInnen geführt werden wollen. Dabei wünschen sie sich auch ein vorbildliches Verhalten der Führungskräfte, wollen, dass gesagt wird, was getan wird und auch, dass getan wird, was gesagt wurde. Sie wollen Integrität erfahren und selbst Integrität leben. Und sie wollen, dass Fehlverhalten sanktioniert wird, gerade auch, wenn Minderleistung oder Verfehlungen auf Führungsebenen erfolgen. Kurz: MitarbeiterInnen wollen eine faire, zielorientierte und Sinn gebende Unternehmenskultur mit einem erkennbaren, verbindlichen und gelebten Wertesystem.

Gefragt sind aber keine Alibi-Leitbilder und Marketingluftnummern, die vom Management vorgegeben sind, als Poster in der Kantine hängen und in Hochglanzbroschüren in den Schubladen verschimmeln. MitarbeiterInnen verlangen im Arbeitsalltag nach kontinuierlich erlebbarer Identität mit echt gelebten Werten. Dass das nicht von alleine und über Nacht kommt, ist klar. Ein Unternehmen muss dafür gezielt etwas tun, insbesondere die Unternehmensleitung ist hier gefordert. Aber es macht sich außerordentlich bezahlt. Nicht nur, dass – anders als bei Produkten – auch die schlauesten Asiaten Identität und eine werteorientierte, unverwechselbare Unternehmenskultur nicht kopieren können. Wertefokussierte Unternehmen werden überdurchschnittlich erfolgreich sein, deutlich höhere Produktivität besitzen [durchschnittlich um 18%!], eine höhere Rentabilität erwirtschaften [im Schnitt 12%], mehr Innovationspotenzial aufweisen und weniger Kosten durch Fehlzeiten und Fluktuation haben. Schon bei Unternehmen mit 500 Mitarbeitern belaufen sich heute die Fluktuationskosten auf durchschnittlich 657.000 Euro. Gelänge es, die Gruppe der hochgebundenen MitarbeiterInnen um 5 % zu vergrößern und die Gruppe der Ungebundenen im selben Maße zu verringern, könnte das diesen Unternehmen Kosten in Höhe von 89.000 Euro einsparen. Bei 2000 Mitarbeitern wären es 357.000 Euro weniger und bei Großunternehmen mit 30.000 Mitarbeitern könnten alleine diese Kosten um 5,36 Millionen Euro reduziert werden [http://eu.gallup.com/Berlin/153299/Praesentation-Gallup-Engagement-Index-2011.aspx].

Die wesentlichen Ertrags- und Kundenparameter würden deutlich besser ausfallen [Abb.1]. Zudem würden Unternehmen mit hochgebundenen, zufriedenen, überzeugten Mitarbeitern auch im Kundenkontakt viel stärker überzeugen, eine höhere Kundenbindung erreichen und Produkte besser verkaufen. Sie würden auch als attraktiver Arbeitgeber besonders empfohlen werden, ein hervorragendes Arbeitgeberimage bekommen und damit gerade in Zeiten des Fachkräftemangels deutlich bessere Chancen im Wettbewerb um gut qualifizierte Arbeitnehmer besitzen. Dies wäre eine wichtige Chance vor allem für klein-mittelständische Unternehmen, die eventuell abseits großer Metropolregionen Standortnachteile besitzen.

Zusammenhang zwischen Mitarbeiterbindung und Unternehmenskennzahlen

Fazit: Eine implementierte werteorientierte Unternehmensführung führt zu emotional hoher Mitarbeiterzufriedenheit und -identifikation mit dem Unternehmen. Das spart Kosten und bietet das größte und noch weitgehend unerschlossene Potenzial für nachhaltig höhere Gewinnerzielung, jenseits des harten, oft nur noch marginal profitablen Produktwettbewerbs.

Für eine vertiefende Diskussion sprechen Sie uns gerne an: Deutsches Institut zur Implementierung einer werteorientierten Unternehmensführung, DIIWU GmbH & Co.KG, Geschäftsführung:
Prof. Ralph E. Hartleben, hartleben [at] diiwu [dot] de, 0171-333 8 779
Dr. Mark Derbacher, derbacher [at] diiwu [dot] de, 0174-160 2 859
In Forschungsgemeinschaft mit Prof. Dr. Harald Bolsinger, Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg, Volkswirtschaft und Wirtschaftsethik, Bolsinger [at] Orientierungskompetenz [dot] de, 0157-743 48 077

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